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Hilpoltstein (HK) Seit es das Burgfest in Hilpoltstein gibt, stellen sich dessen Besucher wohl vor allem eine Frage: "Wer war diese Pfalzgräfin Dorothea Maria wirklich" Nun wird diese Frage vom Burgspiel selbst endlich beantwortet! Allerdings mit einer gehörigen Portion Augenzwinkern, wie der Titel "Alles Theater? Alles Theater!" (vom Hilpoltsteiner Guntram Erbe selbst ersonnen) verrät. Vielleicht kommt hier aber auch die Wahrheit im Gewand der Komödie daher...


Viel zu lachen

Denn zu lachen gibt es auch beim diesjährigen Burgspiel natürlich viel. Doch das Werk "verlangt dem Publikum auch einiges an Aufmerksamkeit ab", macht Erbe deutlich. Was an der ineinander geschachtelten Handlung dieser "Komödie in der Komödie" liegt. Der eigentliche Handlungsrahmen ist dabei jedem Burgfestbesucher natürlich wohl bekannt: Es geht um nichts anderes als den Einzug der Pfalzgräfin in die Hilpoltsteiner Burg im Jahre 1606. Doch ihre Ruhe findet sie in dem adeligen Gemäuer nicht. Eine Theatergruppe bringt reichlich Wirbel in Dorotheas Wohnstätte – genauso wie ihre drei Töchter.
 
Verwirrung der Gemüter

Eine von ihnen, Sabina, macht ihr besonders große Sorgen, hat sie sich doch in einen Hans Georg von Wartenberg verliebt, der bezüglich seines Standes nicht so ganz in die blaublütige Pfalzgrafenfamilie passen will. Aus den Liebenden scheint kein Paar werden zu können. Bis die Theatergruppe inmitten des gräflichen Domizils ihre Komödie aufführt, bei der eine ähnlich unglückliche Liebe thematisiert wird – und Sabina spielt auch noch selbst mit.
Da ist der heillosen "Verwirrung der Gemüter, der Handlungen und der Historie" (Erbe) Tür und Tor geöffnet. Denn natürlich spiegelt die Komödie der Theatergruppe das Dilemma des Liebesunglücks von Sabina und Hans Georg wider. Da all dies wiederum die Burgspieler auf der Ruinen-Bühne aufführen, wird sich so mancher Zuschauer wohl zwangsläufig fragen, ob diese Komödie als Ganzes selbst wiederum ein weiteres, umfassenderes Dilemma widerspiegelt, in dem er selbst auch nur eine Rolle spielt: im Stück eines Stückes eines Stückes – und so weiter. Alles doch nur Theater? Doch gerade wenn das Leben ein solches ist, kann wiederum das Theater selbst am besten zur Wahrheitsfindung dienen, da es dann ja dem Wesen des Lebens selbst am nächsten kommt.

Kein Historienspiel

Doch natürlich bleibt Guntram Erbe mit dem Stück nicht bei solcherlei philosophischer Verrenkung stehen. "Es soll auch kein Historienspiel sein" betont der Autor – eher ein Spiel mit der Historie. Vor diesem Hintergrund lässt es sich für die Zuschauer dann wohl auch etwas leichter verkraften, dass "auch die nicht so liebenswerten Seiten der Gräfin dargestellt werden".
Sie sei zwar gefühlvoll, aber auch streng gewesen; menschlich, aber auch den Zwängen ihrer Zeit unterworfen – "ihr spanischer Kragen ist ein Symbol für diese Fessel", sagt Erbe. Darf man so mit einer Hilpoltsteiner Lichtgestalt mit Langzeitwirkung umgehen? Eine dramaturgische Gratwanderung? Ein Sakrileg?
Auf alle Fälle eine Herausforderung für alle: Autor, Burgspiel und Publikum. Und um die erste Frage zu beantworten: Natürlich darf man! Wem, wenn nicht den Komödianten, soll man denn sonst Narrenfreiheit zugestehen?

Von Jürgen Leykamm