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Johann Mayrhofer (1717 - 1836)

FAHRT ZUM HADES

Der Nachen dröhnt, Cypressen flüstern,
Horch, Geister reden schaurig drein;
Bald werd' ich am Gestad', dem düstern,
Weit von der schönen Erde sein.

Da leuchten Sonne nicht, noch Sterne,
Da tönt kein Lied, da ist kein Freund.
Empfang die letzte Träne, o Ferne,
Die dieses müde Auge weint.

Schon schau' ich die blassen Danaiden,
Den fluchbeladnen Tantalus;
Es murmelt todesschwangern Frieden,
Vergessenheit, dein alter Fluß.

Vergessen nenn' ich zwiefach Sterben,
Was ich mit höchster Kraft gewann,
Verlieren, wieder es erwerben -
Wann enden diese Qualen, wann?

Yahya Kemal Beyatlı (1884 - 1958)

STILLES SCHIFF

Wenn der Tag kommt, die Anker zu lichten, zu verlassen die Zeit,
Legt ein Schiff ab ins Unbekannte, fort vom Hafen so weit.
Nimmt Fahrt auf in der Stille, als hätt’s keinen Passagier;
Nicht Taschentuch noch Arm winkt beim Abschied am Pier.
 
Die von dieser Reise zurückbleiben, schauen so bang
Mit feuchten Augen auf des Horizonts Schwarz tagelang.
Weder ist dies das letzte Schiff - hilflose Herzen!
Noch die letzte Trauer im Leben voller Schmerzen!
 
Geliebte und Liebende warten umsonst hier auf  Erden,
Nicht wissend, dass die Lieben nie zurückkommen werden.
All die vielen, die gegangen, sind nun wohl glücklich fort zu sein,
All die Jahre sind vergangen; von dieser Fahrt kehrt keiner mehr heim.




                                               Übersetzung aus dem Türkischen von Guntram Erbe