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Letzter Akt

Die Szene gleicht einem Bild des Hieronymus Bosch.
Wehklagen und Geheul erfüllen die schwefelgeschwängerte Luft.

Der Teufel hüpft wie irre herum und tanzt auf einen Feuerrost zu, auf dem der reiche Vater liegt.

Teufel:
Die Reichen hab' ich gar so gern,
Sie sind wie Schalen ohne Kern.
Ich füll' sie auf mit Geiz und Gier
Und ihre Seelen hol' ich mir.

Sie raffen Gold, sie raffen Geld,
Bescheißen alle auf der Welt.
Dort oben rennen sie mir nach,
Hier unten schrei’n sie Weh und Ach.

So ist es auch mit diesem Mann,
Den ich nun massakrieren kann.
Ihm geht’s wie dem Laurentius:
Ich röste ihn mit Hochgenuss.

Der Sohn betritt splitternackt, aber mit des Vaters Hut auf dem Kopf, die Hölle.

Vater:
Mein Junge, sag', was ist gescheh'n,
Wie müssen wir uns wiederseh'n?
Ich liege hier auf meinem Rost
Ganz ohne Trank und ohne Kost.
Mein Rücken ist schon ganz verbrannt,
Komm, wende mich mit starker Hand.

Der Sohn stürzt auf den Vater zu und richtet ihn auf.
Der Teufel schürt währenddessen kräftig nach.

Sohn:
Mein Vater, sieh‘, dein schöner Hut!
Ich hab‘ ihn auf, er steht mir gut.
Die schönste Frau auf dieser Welt
Nahm ab mein Hab und auch mein Geld.
Sie zog mich aus bis auf die Haut
Und hat das Leben mir versaut.
Allein den Hut beließ sie mir,
„Nimm ihn nur mit, er passt nur dir!“,
So sagte sie mit hartem Sinn
Und gab nem andern Mann sich hin.
Vorher benahm sie liebend sich,
Zum Teufel dann sie wünschte mich.
Der Wunsch ging in Erfüllung ihr,
Drum bin ich, lieber Vater, hier.

Vater:
Mein Sohn, ich rücke auf die Seit'.
Den Rost belegen wir zu zweit.
Der Teufel heizt uns beiden ein,
Zu kalt wird's uns dann niemals sein.

Der Teufel hilft dem Sohn auf den Rost hinauf.
Vater und Sohn liegen brav nebeneinander.

Teufel:
Wie sind die beiden sich so gleich,
Jetzt sind sie arm und nicht mehr reich.
Der Geiz, der Hochmut und die Frau'n
Sind das, worauf wir Teufel bau'n.
So kriegen wir in unsre Höll‘
Der Väter und der Söhne Seel'.

Der Dichter des Stückes betritt die Bühne und geht vor an die Rampe.

Dichter:
Der Tod wie’s Leben ist vertrackt,
Dramatisch bis zum letzten Akt.
Ihr glaubt es nicht und leugnet's gar
Und meint, dass dies kein Drama war?
Dann seid von mir am End' verflucht,
Bevor ihr hier das Weite sucht.
Bevor ihr flieht von diesem Ort,
Geb‘ ich dem Teufel jetzt das Wort.
Es wird für heut' das letzte sein.
Ihm fällt ganz sicher etwas ein.

Der Teufel schnappt sich den Dichter und legt ihn zwischen Vater und Sohn, die geflissentlich beiseite rücken.
Er stellt sich hinter den Rost und hebt wie zum Segen seine Arme
Er skandiert langsam und in hohem Sprachbogen, fast singend und mit Pathos.
  
Teufel:
Mit seinem heißen Höllentext
Hat er uns allesamt verhext.

(er deutet auf die Personen und schlägt dabei nahezu ein christliches Kreuz)

Er,

(der Dichter setzt sich auf)


ich,

(der Teufel stellt sich triumphierend auf den Rost)


der Vater

(der Vater setzt sich auf)


und der Sohn

(der Sohn setzt sich auf)


Alle vier:
Erbitten nun Akklamation!

Vorhang

(In memoriam Robert Gernhardt)


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Siehe auch: Für Robert Gernhardt